Die schönsten Weinbaugebiete Deutschlands

Deutschlands Weinbau

Auch wenn der Weinbau in Deutschland sehr präsent ist, so ist er vom Umfang her doch recht übersichtlich. Rund 107.000 Hektar stehen hierzulande unter Reben. Das ist etwa genauso viel wie in Indien oder Usbekistan. In China, Italien oder Frankreich sind es hingegen über 700.000 Hektar und in Spanien mehr als eine Million. Doch der Weinbau hat in Deutschland eine ganz andere Bedeutung als etwa in Indien oder Usbekistan. Er ist tief in den Weinbauregionen verwurzelt, spätestens seit die Römer an Rhein und Mosel waren.

Heute verteilt sich der Weinbau auf 13 Qualitätsweinbaugebiete und außerdem noch auf einige noch recht neue Landwein-Gebiete, die zunehmend im Norden in Erscheinung treten. Ja, auch in Schleswig-Holstein, in Mecklenburg-Vorpommern oder in Brandenburg gibt es heutzutage Weinbau. Doch die Regionen und Weinbaugebiete, in denen sogenannte Qualitätsweine entstehen, heißen Ahr, Baden, Franken, Hessische Bergstraße, Mittelrhein, Mosel, Nahe, Pfalz, Rheingau, Rheinhessen, Saale-Unstrut, Sachsen und Württemberg. Das kleinste dieser Anbaugebiete ist die Hessische Bergstraße mit 467 Hektar. Es folgt der Mittelrhein mit 469 Hektar und Sachsen mit 493 Hektar Rebfläche. Die größten Weinbaugebiete sind die Pfalz mit 23.684 Hektar und Rheinhessen mit 26.860 Hektar Rebfläche (Zahlen von 2019: Deutsches Weininstitut).

 

Die wichtigsten Rebsorten

Ist Ihnen bekannt, dass in Deutschland mehr als 100 Rebsorten angebaut werden? Nein? Das macht nichts. Es dürfte auch kaum jemanden geben, der fast alle im Kopf hat. Immerhin reicht das Spektrum von Acolon, Auxerrois und André bis zu Tauberschwarz, Zweigelt und der Perle von Zala. Und tatsächlich sind auch höchstens 20 Rebsorten wirklich relevant. An der Spitze steht mit weitem Abstand der Riesling. Dann folgen Müller-Thurgau, der heute auch gerne Rivaner genannt wird, Spätburgunder, Dornfelder, danach Weißburgunder, Grauburgunder und der Grüne Silvaner. Von den 107.000 Hektar nehmen die weißen Sorten ziemlich genau zwei Drittel ein und von diesen der Riesling mit 24.000 Hektar Rebfläche rund ein Drittel. Das sind etwa 40 % des weltweiten Rieslingbestandes. Die Weinregion Deutschland ist Riesling-Land. Doch in der internationalen Aufmerksamkeit hat der Spätburgunder, sonst meist Pinot Noir genannt, deutlich aufgeholt. Diese beiden Sorten sind das Aushängeschild des deutschen Weinbaus, und das vor allem, was die Spitzenqualitäten betrifft. Müller-Thurgau und Dornfelder werden eher für die einfachen Weine mit leichter Restsüße eingesetzt, Grauburgunder und Weißburgunder bilden eine Riege im trockenen oder deutsch-trockenen Mittelbau, in dem meist um die sieben Gramm Restsüße das sogenannte Zuckerschwänzchen bilden.

Und wo ist es nun am schönsten?

Diese Frage muss eigentlich jeder für sich selbst beantworten; denn Schönheit ist nicht zuletzt Geschmackssache. Und so wie es unterschiedliche Geschmäcker beim Wein gibt, mögen einige vielleicht gerne ein Weinfest in Bad Dürkheim besuchen und andere in den letzten Winkel an der Nahe fahren. Tipps können wir allerdings schon geben. Oder besser: Wir erzählen ein bisschen was über die einzelnen Regionen.

 

Der Nordwesten mit Mittelrhein, Ahr und Mosel

Die klassischen Reiseregionen für Weinromantik sind sicher die Mosel und der Rhein, vor allem der Mittelrhein, für den es selbst im Englischen den Begriff „Rheinromantik“ gibt. Die Weinberge dort sind steil, und man kommt natürlich an der Loreley und vielen pittoresken Orten, an Burgen und Schlössern vorbei. Der Mittelrhein beginnt unweit der Stelle, an der die Ahr in den Rhein fließt. An der Ahr war vieles auf Weintourismus ausgelegt – war, weil aktuell die Flutnachwirkungen den Tourismus sehr stark behindern. Doch er wird wiederkommen, und dann werden die Orte mit ihren Winzerinnen und Winzern, den gastfreundlichen Hotels und Restaurants sich wieder über alle freuen, die in das Ahrtal kommen, um Frühburgunder und vor allem Spätburgunder zu genießen, der dort auf höchstem Niveau entsteht.


Wo der Riesling Trumpf ist

Am Mittelrhein dagegen ist der Riesling Trumpf. Die Weinregion erstreckt sich den Rhein hinauf bis nach Bingen. Doch bevor man Bingen erreicht, kann man natürlich bei Koblenz noch an der Mosel abbiegen, wo der Riesling dominiert. Nirgendwo sonst spielen die klassischen Prädikate wie Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese oder Trockenbeerenauslese eine so große Rolle wie dort (mehr zu den Weinprädikaten finden Sie hier). Die Mosel ist abwechslungsreich und vor allem für diejenigen, die das klassische Bild von Reben an steilen Hängen vor Augen haben, der Idealtyp einer Weinlandschaft. Zum Anbaugebiet Mosel gehören auch die Weinberge an Ruwer und Saar. Die drei Flusslandschaften sind geprägt vom Schiefer, sieht man einmal von der Obermosel ab, die sich im Dreiländereck von Deutschland, Frankreich und Luxemburg befindet. Dort herrscht der Muschelkalk vor und entsprechend auch nicht mehr der Riesling, sondern der Elbling und Burgundersorten.

Doch zurück zum Mittelrhein. Der trifft sich bei Bingen gleich mit drei anderen Regionen. Das hat Bingen mit seinem Mäuseturm und dem Binger Scharlachberg auch lange zu einem der wichtigsten Weinumschlagsplätze in ganz Europa gemacht. Von Bingen aus ist es, bildlich gesprochen, nur noch einen Steinwurf weit bis zur Nahe, zum Rheingau und nach Rheinhessen – oder genauer: Bingen gehört schon zu Rheinhessen.

An der Nahe, im Rheingau und in Rheinhessen

Das Tal der Nahe wirkt bei Bingen zunächst recht offen und weiträumig. Doch je länger man an dem Fluss und seinen Nebenflüssen Glan und Alsenz entlangfährt, desto verwunschener wird es. Als Weinbaugebiet hat die Nahe lange gebraucht, um von sich reden zu machen. Dabei gibt es dort eine enorme Menge an unterschiedlichen Bodenstrukturen, die das Gebiet für unterschiedlichste Rebsorten interessant machen. Die bekanntesten Weine dieser Weinregion sind eindeutig die Rieslinge.

Das gilt auch für den Rheingau, der bei Lorch beginnt. Auf der linken Rheinseite liegt Rheinland-Pfalz und auf der rechten Hessen. Der Rheingau gehört zu Hessen und reicht bis kurz vor Wiesbaden. Das Besondere hier ist, dass der Rhein in diesem Bereich nicht von Süden nach Norden fließt, sondern von Osten nach Westen. Entsprechend sonnenbeschienen sind die Hügel dort. Das haben schon Karl der Große und die Mönche im Mittelalter bemerkt, die dort fleißig Weinreben angepflanzt haben und Klöster wie Eberbach und Johannisberg gegründet haben. Der Rheingau liegt im direkten Einflussgebiet von Wiesbaden und Frankfurt, von wo aus Wochenendbesucher in die Orte und die Weingüter strömen, die darauf bestens vorbereitet sind.

Foto: Adrian Vesenbeckh


Weinbau, von Karl dem Großen begründet

Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich die Kaiserpfalz von Ingelheim, in der Karl der Große residiert hat. Seit dieser Zeit herrscht dort der Anbau von Burgundersorten vor. Das nun ist ungewöhnlich für Rheinhessen, das seit langer Zeit und bis heute vor allem Weißweinland ist. Der Riesling ist die dominierende Sorte. Früher war es der Silvaner, der heute wieder stärker angepflanzt wird. Lange Zeit über war Rheinhessen das größte Weinbaugebiet Deutschlands, allerdings ein Fassweinland, in dem vor allem billig produziert wurde, um zum Beispiel die Liebfrauenmilch und die Blue Nun in alle Welt zu exportieren. Heute hingegen werden dort wieder einige der teuersten trockenen Rieslinge Deutschlands erzeugt. Ob im Bereich Bingen, an der sogenannten Rheinfront, am Roten Hang in Nierstein, in der Rheinhessischen Schweiz oder im Wonnegau: Die Winzerinnen und Winzer haben zu alter Stärke zurückgefunden. Die Weinberge sind sicher nicht immer so spektakulär gelegen wie an Mosel oder Nahe, dafür sind die Weingüter in Rheinhessen heute sehr breit aufgestellt und bieten viele Rebsorten und Stile.

Am Oberrhein Richtung Süden

Der Donnersberg ist die höchste Erhebung Rheinhessens, und er beeinflusst das Wetter und somit den Weinbau der Weinregion genauso wie in diesem Bereich der Pfalz; denn im Schatten des Berges, südlich von Worms, schließt das Weinbaugebiet Pfalz an Rheinhessen an. Es folgen 85 Kilometer Rheinstrecke, aufgeteilt in Mittelhaardt-Deutsche Weinstraße und Südliche Weinstraße. Diese Weinstraßen bilden die Lebensader des Anbaugebiets. Die Gründung der ersten sogenannten Weinstraße weltweit war ein Marketing-Coup ohnegleichen. Seit fast einem Jahrhundert strömen Weinfreunde in die 130 Weinorte, besuchen das größte Weinfest der Welt in Bad Dürkheim oder machen sich auf in Orte wie Schweigen, von wo aus die Weinberge bis ins Elsass reichen. Für guten Wein und für deftiges Pfälzer Essen ist überall gesorgt.

Die Bergstraßen

Etwas im rechtsrheinischen Hinterland liegend, sollte man der Hessischen Bergstraße jedoch auch Aufmerksamkeit gönnen. Im Schatten des Odenwaldes gibt es ein fast mediterranes Klima, in dem Mandelbäume, Kirsch- und Aprikosenbäume wie auch Reben blühen und es jede Menge Weinwanderwege gibt.

Weiter südlich schließt sich die Badische Weinstraße an. Sie ist Teil des Anbaugebietes Baden, das sich über 400 Kilometer erstreckt und die berühmte Vulkanlandschaft des Kaiserstuhls – übrigens die wärmste Region Deutschlands – ebenso einschließt wie das Markgräflerland an der Grenze zur Schweiz, den Kraichgau, den Bodensee und einen Teil des Taubertals. Dieses Anbaugebiet hat enorm viele Facetten. Und etwas ist hier ganz sicher, dass in diesem Weinbaugebiet der Riesling nicht mehr die erste Geige spielt, sondern vielmehr Burgundersorten in Weiß, Grau und Rot sowie vor allem am Bodensee der Müller-Thurgau.

Das Land des Trollingers

Ebenfalls im Süden liegt das Anbaugebiet Württemberg, das – wer hätte es geahnt? – ebenfalls an den Bodensee heranreicht, und zwar im bayerischen Teil bei Nonnenhorn. Bekannter ist Württemberg allerdings für die Bereiche um Heilbronn, entlang des Neckars, bei Stuttgart und im Remstal. Der Trollinger ist hier als wichtigste Rebsorte inzwischen vom Riesling überholt worden. Trotzdem nehmen die roten Sorten, zu denen zum Beispiel auch der Lemberger und der Schwarzriesling gehören, rund 70 % der Rebfläche ein. Was man dort kaum erwartet, aber antrifft, sind beeindruckende Steillagen rund um Stuttgart und vor allem auch in den Weinbergen am Neckar.

Von Franken aus Richtung Osten

Schon der Name sagt, dass in diesem Landstrich zwischen Rhön, Steigerwald, Taubertal und Spessart einst die Franken den Ton angaben. Sie haben auch den Wein und vor allem französische Rebsorten etabliert. Seit dem Mittelalter dominiert der Spätburgunder in den Weinbergen im Churfränkischen, das etwas abseits vom Main liegt. Ansonsten gruppieren sich die Weinberge und Weinbaugebiete im Wesentlichen um die Mainschleifen herum und sind vor allem mit weißen Rebsorten bestockt. Der Silvaner liegt hier vor dem Müller-Thurgau und dem Bacchus an der Spitze. Riesling spielt hier nur eine Nebenrolle, wenn auch eine wichtige. Viele der Weine werden bis heute in der typischen Bocksbeutelflasche abgefüllt. Manchem Winzer ist das aber zu traditionell, und er setzt lieber auf moderne Schlegel- oder auf Burgunderflaschen. Das Weinland ist so abwechslungsreich wie die Menge der Rebsorten und die Vielfalt der Böden, bei denen vor allem der Keuper und der Muschelkalk für die Qualität beim Silvaner sorgen. Weinlagen wie der Würzburger Stein sind seit Jahrhunderten berühmt und bis heute eine Reise wert.

Das östlichste Weingebiet der Republik

Fährt man vom Fränkischen aus über das Erzgebirge Richtung Nordosten, dann erreicht man bei Dresden das Anbaugebiet Sachsen. Es ist das östlichste der Republik. Dass hier seit mehr als 800 Jahren Weinbau betrieben wird, liegt an den 1.600 Sonnenstunden, die es hier gibt. Es ist ein mildes, gemäßigt kontinentales Klima. Die Weine aus Sachsen sind bis heute eine Rarität. Eigentlich sollte man sie vor Ort trinken; denn die Landschaft und auch Ortschaften wie Meißen, Radebeul oder Diesbar-Seußlitz sind einfach traumhaft schön. Die Weinberge liegen vor allem an der Elbe und wurden schon vor langer Zeit mit Trockenmauern terrassiert. Auch hier dominieren die weißen Sorten mit rund 82 %. Müller-Thurgau liegt knapp vor Riesling und Weißburgunder.

Trockenmauern und Steilterrassen

Die Region Saale-Unstrut liegt nicht nur sehr weit östlich, sie ist auch das nördlichste Qualitätsweinbaugebiet der Republik. Den Namen hat es von den beiden Flüssen, an denen die knapp 800 Hektar Rebfläche im Wesentlichen zu finden sind. Es ist eine sehr alte Kulturlandschaft, die einen hier erwartet: Trockenmauern und Steilterrassen sind besiedelt mit pittoresken Weinbergshäuschen, umgeben von alten Obstwiesen, Auenlandschaften, Burgen wie auch Schlössern und durchzogen von der Straße der Romantik und den Himmelswegen. Saale-Unstrut gehört sicher zu den schönsten, aber wohl auch unbekanntesten Weinbauregionen Deutschlands.

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